Was kostet ein Gerichtsprozess?

Wer sein Recht vor Gericht durchsetzen möchte hat auch ein Prozesskostenrisiko. Foto FabrikaPhoto via Envato
Wer sein Recht vor Gericht durchsetzen möchte hat auch ein Prozesskostenrisiko. Foto FabrikaPhoto via Envato

Auf hoher See und vor Gericht bist du in Gottes Hand! So lautet eine alte Volksweisheit, die uns immer gern von unseren Großeltern eingetrichtert wurde. Tatsächlich ist unsere Justiz ein ausgeklügeltes, über Jahrhunderte erprobtes System, mit dem der Gerechtigkeit so viel wie möglich Genüge getan werden soll.

Doch dieses Justizsystem hat auch seine Schattenseiten. Durch die Komplexität entstehen mitunter hohe Kosten, vor denen sich viele Menschen fürchten. Gleichzeitig ist aber auch das Unwissen über die Zusammensetzung der Prozesskosten weit verbreitet – nur die wenigsten Menschen können klar sagen, was ein Prozess kostet und aus welchen Einzelpositionen die Kosten bestehen.

Damit soll nun Schluss sein. Unser Ratgeber zeigt Ihnen alle gängigen Kosten eines Gerichtsprozesses auf und erklärt die Hintergründe dazu.

Das Prozessrisiko

Mit „Prozessrisiko“ ist vorrangig das Prozesskostenrisiko gemeint. Dies sind die Kosten, die im ungünstigsten Fall auf die Prozessteilnehmer (Kläger / Beklagter) zukommen. Das errechnete Prozessrisiko bedeutet für viele Mandanten zunächst einen Schock, daher soll hier gleich darauf hingewiesen werden, dass sich das Prozesskostenrisiko fast nie vollständig realisiert. Es gibt meist Möglichkeiten, das Prozessrisiko zu minimieren. Das Prozessrisiko kann zugleich nicht auf den letzten Cent beziffert werden.

Das Prozessrisiko errechnet sich aus:

  • Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen)
  • Anwaltskosten eigener Anwalt (Gebühren und Auslagen) / evtl. Anwalt für Revision
  • Anwaltskosten Anwalt des Gegners (Gebühren und Auslagen)

Wichtig zu wissen: Die Kosten des Gegenanwalts und des eigenen Anwaltes müssen Sie nur dann zahlen, wenn Sie verlieren. Wenn Sie gewinnen, muss der Gegner seinen Anwalt und Ihren Anwalt zahlen. Das gilt jedoch nur für Prozesskosten im Zivilprozess. Im Arbeitsrecht gelten z. B. andere Regeln – in der ersten Instanz trägt dort jeder die eigenen Prozesskosten selbst.

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Gerichtskosten

Gerichtskosten sind Kosten für die Tätigkeit der Gerichte. Sie sind quasi Nutzungsgebühren für die Nutzung einer öffentlichen Einrichtung. Die Gerichtskosten sind die gerichtlichen Gebühren und die gerichtlichen Auslagen.

Gerichtsgebühren: Gerichtsgebühren fallen für das Tätigwerden an sich und zumeist für bestimmte Verfahrensabschnitte und in Abhängigkeit vom Streitwert an.

Gerichtliche Auslagen: Die gerichtlichen Auslagen sind Aufwendungen, die im Einzelfall entstehen – z. B. die Dokumentenpauschale, die Zeugenentschädigung und Sachverständigenentschädigung, Beförderungskosten sowie Post- und Telekommunikationskosten. Oft ist das Tätigwerden des Gerichts von der Leistung eines Vorschusses (Gerichtskostenvorschuss) abhängig.

Grundlagen für die Kostenerhebung sind das Gerichtskostengesetz (GKG), die Kostenordnung (KostO) und verschiedene Nebengesetze.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Parteien (Anwaltskosten) bilden zusammengenommen dann die Prozesskosten.

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Von welchen Faktoren hängt die Höhe der Prozesskosten ab?

Streitwert

Zur Ermittlung des Gebührenstreitwerts sind zunächst die Terminologie und die rechtliche Einordnung zu klären. Der Wert einer Sache wird in vielen Fällen benötigt, um daraus Folgen für das Verfahren herzuleiten. Normen, die sich mit dem Wert einer Angelegenheit befassen, gibt es daher ebenso eine Vielzahl. Umso wichtiger ist es, zu klären, von welchem Wert man auszugehen hat.

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Neben dem Gebührenstreitwert einer Sache gibt es zumindest noch den Zuständigkeitsstreitwert und den Rechtsmittelstreitwert. Alle drei sind streng zu unterscheiden. Der Gebührenstreitwert wird für die Festlegung der Gerichtsgebühren und der Anwaltsgebühren gleichermaßen ermittelt. § 2 I RVG ist die Zentralnorm für die Berechnung des Gebührenstreitwerts. Die Gebühren bestimmen sich danach nach dem Wert der anwaltlichen Tätigkeit. Dies gilt nur, soweit das Gesetz nicht etwas anderes bestimmt. Das ist vor allem im Bereich der Strafsachen, Bußgeldsachen und zumeist in sozialrechtlichen Angelegenheiten der Fall.

Regelung: § 2 I RVG

  • 2 Höhe der Vergütung

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

Die Anwaltskosten

Anwaltskosten sind die Kosten, die für die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes entstehen. Sie gehören zu den Prozesskosten. In Deutschland sind die Anwaltskosten gesetzlich geregelt und teilweise festgelegt. Die Regelungen dazu finden sich im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Die Anwaltsgebühren fallen je nach Tätigkeit des Anwalts und Verfahrensstand an.

Die Regelungen, in denen diese Tätigkeiten beschrieben sind, heißen „Gebührentatbestände“. Sie finden sich im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), und zwar in der Anlage 1. Es gibt:

  • Allgemeine Gebühren
  • Außergerichtliche Gebühren
  • Gebühren in Gerichtsverfahren

Zusammensetzung der Anwaltskosten

Die Anwaltskosten setzen sich im Wesentlichen zusammen aus den Anwaltsgebühren, den Auslagen des Anwalts und der darauf entfallenden Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) in Höhe von 19 %.

Anwaltsgebühren

Die Gebühren für den Anwalt decken die Tätigkeit i .d. R. vollständig ab.

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Anwaltsauslagen

Die Auslagen des Anwalts (z. B. Telefon und Porto) werden meist pauschal berechnet und abgerechnet und fallen zumeist auch kaum ins Gewicht.

Gebührenarten

Die verschiedenen Anwaltsgebühren sind für den Laien schwer zu verstehen und besonders schwer selbst zu berechnen oder nachzurechnen. Gebühren fallen für verschieden Tätigkeiten in verschiedenen Verfahrensstadien an. Je nach Tätigkeitsbereich und Verfahrensstand fallen unterschiedliche Gebühren an. Es gibt Satzrahmengebühren (z. B. im Zivilrecht) und Betragsrahmengebühren (z. B. im Straf- und Sozialrecht).

Fazit

Natürlich können die Kosten eines Gerichtsverfahren niemals pauschal beziffert werden – das wäre in etwa so wie zu fragen: „Was kostet ein Auto?“. Mit den Informationen in diesem Ratgeber sollten Sie aber dazu in der Lage sein, zumindest abschätzen zu können, welche Kostenpositionen im individuellen Fall zum Tragen kommen. Alles Weitere wird Ihnen Ihr Anwalt gerne erklären.

Foto: FabrikaPhoto via Envato

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Verfasst von Hajo Simons

arbeitet seit gut 30 Jahren als Wirtschafts- und Finanzjournalist, überdies seit rund zehn Jahren als Kommunikationsberater. Nach seinem Magister-Abschluss an der RWTH Aachen in den Fächern Germanistik, Anglistik und Politische Wissenschaft waren die ersten beruflichen Stationen Mitte der 1980er Jahre der Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen (Pressesprecher) sowie bis Mitte der 1990er Jahre einer der größten deutschen Finanzvertriebe (Kommunikationschef und Redenschreiber).